Toleranzprojekt

„Irgendwie Anders –
Andere tolerieren, akzeptieren und respektieren“

Das Medium Puppenspiel im theaterpädagogischen Prozess

In diesem Projekt wurden Kinder im Alter von 4-6 Jahren mit den Mitteln der Theaterpädagogik unterstützt, Strategien zur Bewältigung von Konflikten zu üben, den Umgang mit persönlicher und kultureller Vielfalt zu erlernen und eigene Wertvorstellungen zu entwickeln. Die Stärkung der Sozialkompetenz jedes Einzelnen ist hierbei Grundanliegen zum Erlernen demokratischen Handelns.

Das Theaterspielen mit Kindern im frühkindlichen Alter verlangt nach besonderen Methoden, und macht sich hier die „ursprüngliche Zuneigung“ des Kindes zum Medium Puppenspiel zu nutze. Der Einsatz von medialem Spiel ermöglicht Probehandlungen in einem geschützten Rahmen.

Zum Einsatz kam ein speziell entwickeltes theaterpädagogische Spielmittel: der Theaterkoffer. Somit wurde das Kennlernen, Entwickeln und Erproben von Strategien der Konfliktbewältigung in der „Als ob“ Handlung des Theaterspiels möglich, wurde im Lernprozess geübt und in die Alltagshandlungen integriert.

Zwei individuelle Theaterprojekte entstanden und wurden zum Abschluss den Eltern und Großeltern und anderen Kitakindern präsentiert.

Anne Swoboda

Projektkonzeption und Theaterpädagogik
diplomierte Puppenspielerin, Regisseurin, Theaterpädagogin und Dozentin, Görlitz

Annekatrin Heyne

Theaterpädagogik
diplomierte Designerin und Puppengestalterin in Görlitz
www.theaterfiguren-heyne.de

Theater in einer „Brennpunkt-Kita“

(Ines Eifler, Sächsische Zeitung 10.6.2014)

Ein Puppenspielprojekt bringt sozial benachteiligte Kinder zueinander

Einige Kinder schauen Anne Swoboda verschüchtert an, als sie fragt, was sie von der Geschichte aus dem Theaterkoffer verstanden haben. Von der Geschichte um den Kobold „Irgendwie anders“, die sie und Annekatrin Heyne gerade erzählt haben. Dieser „Irgendwie anders“ wird wegen seines Andersseins von vielen abgelehnt und ist doch bis obenhin angefüllt mit genau den gleichen Wünschen und Bedürfnissen, die jeder hat: nach Liebe, Schutz und Anerkennung.

Die Kinder der ASB-Kita „Wirbelwind“ in der Cottbuser Straße haben diese Wünsche auch. Aber manche der Vier- und Fünfjährigen im Stuhlkreis um die beiden Theaterpädagoginnen sehen nicht aus, als bekämen sie diese Wünsche oft erfüllt. Manche sitzen eher apathisch in ihren kleinen Stühlen und sagen nicht ein einziges Wort. Manche sind lebhafter, doch ihre Sprache klingt wie die viel jüngerer Kinder, die gerade die ersten Worte lernen. Ein Mädchen hat einen großen blauen Fleck auf der Wange und reagiert kaum, wenn Anne Swoboda es anspricht.

„Wir haben bewusst diese Kita für unser Projekt ausgewählt“, sagt die Puppenspielerin. „Denn hier kommen besonders viele Kinder aus schwierigen Familienverhältnissen, soziale und emotionale Auffälligkeiten sind hier sehr häufig.“ Als „harten Tobak“ bezeichnet sie, was sie manchmal erlebt, wenn die Eltern aus dem Viertel rund um den Brautwiesenplatz hier am Morgen ihre Kinder abgeben. Mütter und Väter, denen der Frust und die Aggression ins Gesicht geschrieben stehen. Eltern, die so jung sind, dass sie fast selber noch als Kinder durchgehen. Eltern, die starr und unbeteiligt bleiben, wenn ihre Kinder ihnen etwas mitteilen wollen. Eltern, die mit den Bedürfnissen ihrer Kinder nicht umgehen können, weil die eigenen zu groß sind.

Kita-Leiterin Jana Sorge sagt, in vielen Familien seien bereits „Unterstützungssysteme installiert“, viele Kinder hätten einen erhöhten Förderbedarf. „Aber man sollte auch nicht denken, dass es allen Kindern aus sozial benachteiligten Familien total schlecht geht“, sagt sie. „Einige Kinder können vieles kompensieren. Andere haben es schwer.“ Das Ziel von Anna Swoboda und Annekathrin Heyne ist es, die Kinder zu animieren, durch das Eintauchen in die Geschichte, das Basteln eigener Stabpuppen und das gemeinsame Spiel mit diesen Figuren mehr über die eigenen Gefühle und die anderer zu erfahren. Im Spiel können sie aus neuer Perspektive sehen, was sie selber kennen und durchleben: Trauer, Konflikte, Aus- und Abgrenzung, Selbstbestimmung, gemeinsames Aushandeln von Kompromissen, aber auch Freundschaft. Die Kinder, die auffallend zurückgezogen und verschlossen sind, aggressiv, provozierend oder auch sehr unkonzentriert, profitieren davon besonders. Ihre empathischen Fähigkeiten werden gestärkt.

Bereits 2012/13 waren die beiden Frauen mit ihrem Theaterkoffer unter dem Motto „Theater von Anfang an“ in 20 Kitas des Landkreises Görlitz unterwegs, gefördert vom Bundesministerium für Familie. Nun vertieften sie diesen Gedanken an zwei Kitas. An sechs Tagen waren sie für jeweils eine Stunde in den beiden ASB-Kitas in Görlitz und Niesky, aber diesmal stärker mit dem Thema: „Andere tolerieren, akzeptieren und respektieren.“ Auch wenn diese Worte eher wie Worthülsen klingen: Was im Kindergarten in nur wenigen Wochen tatsächlich passiert, ist bemerkenswert. Schon an einem der ersten Tage bekommen einige Kinder leuchtende Augen. Ein Mädchen sieht auf einer Buchillustration einen Hasen und sagt aufgeregt, den kenne es. Ein zweites Mädchen und ein Junge schalten sich ein: Ja, das stimme, der Osterhase sei wirklich hier im Kindergarten gewesen. Zwei Wochen später dann, als die Kinder im Beisein einiger Eltern zeigen, was sie vorbereitet haben, ist es noch deutlicher. Fast alle sind wesentlich aufgeschlossener als am Anfang. Ein Junge, der sich am ersten Tag kaum rührte, meldet sich jetzt fast immer, wenn die Kinder die Geschichte nacherzählen sollen. Als Anne Swoboda die Mädchen und Jungen bittet, ihre Puppen mit den selbstgewählten Umhängen und selbstgemalten Gesichtern einander begegnen zu lassen, spielen sie jeweils zu zweit: wie einer anklopft, einer öffnet, wie sie frühstücken, wie sie spielen. Mal vor, mal hinter der Meinen Bühne des Theaterkoffers, ganz wie sie wollen. Manche Kinder erzählen und lachen. Andere sprechen auch jetzt noch nicht, trauen sich aber nach vorn. Und die anderen klatschen.

Die diesjährige Förderung des Bundes reicht dafür, dass 30 der insgesamt 80 „Wirbelwind“-Kinder am Projekt teilnehmen konnten. „Aber das ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein“, sagt Anne Swoboda. Und auch der Bereich Kinder-, Jugend- und Familienhilfe des Trägers ASB, der kein Budget für solche Zusatzangebote hat, wünscht sich, dass noch mehr Kinder daran teilnehmen können. „Denn einen erhöhten Förderbedarf hat eigentlich fast jedes unserer Kinder“, sagt Bereichsleiterin Andrea Werner. „Da entlasten und unterstützen solche Projekte natürlich.“ Vielleicht helfen Spenden, weitere Theatertage für die Kinder zu organisieren.


Puppenspiel fördert tolerantes Miteinander

(Sächsische Zeitung 7.4.2014)

Mit dem Puppenspiel „Irgendwie anders — andere tolerieren, akzeptieren und respektieren“ soll das tolerante Miteinander im Kindergarten gefördert werden. Das Projekt haben Theaterpädagogin Anne Swoboda und die Figurenbildnerin Annekatrin Heyne entwickelt.

An jeweils sechs Tagen im April und Mai werden die beiden Frauen mit ihrem Theaterkoffer in den ASB-Kindergärten „Wirbelwind“ in Görlitz und „Sonnenweg“ in Niesky zu Gast sein. In diesen Kindergärten wird individuell mit jeder Kindergruppe zum Thema „Anderssein“ gearbeitet. Inspiration ist dabei das Kinderbuch „Irgendwie anders“. In der Geschichte begegnen sich zwei Kobolde, die im Laufe der Geschichte all das durchlaufen, was Kinder in realer Begegnung erleben: Trauer, Konflikt, Aus- und Abgrenzung und am Ende Freundschaft.

Projektzeitraum:

März–Mai 2014

Projektpartner:

ASB RV Zittau/Görlitz e.V.
ASB Kita „Wirbelwind“
ASB Kita „Sonnenweg“

Förderer:

Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend über das Programm „Toleranz fördern – Kompetenz stärken“

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